Silikonelemente an Schnullerketten – Importe aus Fernost

Ich habe in letzter Zeit vermehrt Anfragen zum Thema „Silikon-Beißteile“ für Schnullerhalter erhalten, die offensichtlich gerade im Trend liegen. Sowohl Materialanbieter, die diese Elemente als Schnullerketten-Zubehör verkaufen, als auch Schnullerketten-Kleinhersteller haben mich gefragt, worauf sie beim Einkauf achten sollten.

Importeur (EWG) = Herstellerpflichten
Als Importeur von Waren aus einem Drittland (Nicht-EU) übernimmst Du innerhalb der EU die Pflichten des Herstellers.

Mein Rat an Dich als Importeur:

1. Mache Dich mit den gesetzlichen Vorgaben für den Import in den europäischen Wirtschaftsraum (EWG) vertraut, wenn Du selbst aus Fernost importieren möchtet. Du haftest innerhalb der EU für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im März 2006 geurteilt:

„Der Importeur eines in großer Stückzahl aus China importierten technischen Arbeitsmittels (hier: Tapetenkleistermaschine) ist verpflichtet, das Gerät zu Beginn des Inverkehrbringens und sodann stichprobenartig darauf zu untersuchen, ob die Beschaffenheit den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zur Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB führen, wenn es bei der bestimmungsgemäßen Verwendung des Geräts (hier: Reinigung) zu einem Körperschaden des Verwenders kommt.“

Quelle: openjur.de

Link-Tipp: IHK Nürnberg Volle Haftung

2. Verlange aktuelle Prüfberichte vom Hersteller und überprüfe diese auf Vollständigkeit/Schlüssigkeit und Aktualität. Im Zweifelsfall rufe direkt beim Prüflabor des Testberichtes an und frage nach, ob die Prüfungen im Testbericht für den Europäischen Markt tatsächlich ausreichend sind. Du bist als Importeur dafür verantwortlich, dass alle für Europa geltenden Schadstoffgrenzwerte und Sicherheitsvorgaben eingehalten werden. Welche Vorgaben gelten, kommt auf das Produkt an. Bei den Silikonteilen reichen EN 71-1, EN 71-2 und EN 71-3 alleine nicht aus. Relevant ist auch REACH Anhang XVII (Azo-Farbstoffe, flüchtige organische Verbindungen wie Phthalate (Weichmacher), BPA, PAK, Nitrosamine, Bisphenol A) und natürlich auch die Speichelechtheit. Spätere Reklamationen sind schwierig und kostspielig!

3. Lass Dich von einem Prüflabor beraten und beauftrage im Zweifelsfall selbst Prüfungen für fehlende Schadstoffbewertungen seitens des Fernost-Herstellers. Wenn Du die Fertigung in Fernost nicht kontrollieren kannst (was vermutlich der Fall ist), dann sollest Du jede Charge/Farbe testen lassen.

4. Auch als Händler oder Materialanbieter hast Du weitreichende Pflichten Deine angebotenen Produkte auf ihre Schadstoffsicherheit hin zu beurteilen. Bitte liess dazu das Interview Spielzeugsicherheit: Haften Händler oder nicht? mit RA Arun Kapoor.

5. Wende Dich bei Fragen an Deine zuständige Gewerbeaufsicht. Du kannst sie über das ICSMS der EU selbst ermitteln.. Auch deine zuständige IHK ist bei Import-Geschäften ein guter Ansprechpartner.

6. Stelle sicher, dass Du direkt bei einem Hersteller bestellst und nicht bei einem Zwischenhändler, der wiederum von unterschiedlichen Herstellern bezieht. Du hast ansonsten keine Kontrolle über die Lieferungen und kannst die Serienfertigung nicht sicherstellen. Erkundige Dich genau, wer Dich beliefert! Der direkte Kontakt zum Hersteller (Messe, Vor-Ort) ist zu bevorzugen.

7. Du solltest Dich mit einer Produkthaftpflichtversicherung gegen das Risiko fehlerhafter Waren absichern. Wenn Du bereits eine hast, frage nach einer Erweiterung für Drittländer.

8. Kalkuliere gut, ob sich der Aufwand und die Investition lohnt. Zölle, Transportkosten, Versicherungen kommen hinzu.

Link-Tipp: IHK Nürnberg Broschüre „Pflichten der Wirtschaftsakteure“ (09.05.2023)

Dipl.-Des. Nadja Lüders

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